Das Haus der Blumen
Mit großen, aber langsamen Schritten ging sie den geräumigen Flur entlang. Ihre hohen Absätze klackerten auf dem abgetretenen Holzboden. Die Längslatten waren ursprünglich weiß gewesen, schimmerten heute aber grau. Selbst wenn sie auf einen der verblassten, dunklen Teppiche trat, klopfte es dumpf. Unzählige Füße waren hier schon entlang gegangen.
Ihre Hüften schwangen verführerisch hin und her, auch wenn sie niemand sehen konnte. Ihre Rolle hatte sie verinnerlicht. Ein leises Seufzen entwich ihren Lippen, weil die Luft innerhalb des roten Backsteingebäudes immer noch drückend warm blieb. Diese Tage im Mai waren ungewöhnlich heiß und schwül in Montana. Obwohl die ungetrübte Sonne schon lange untergegangen war, hatte sie den ganzen Tag die Räume des Hauses durchdrungen.
Die Wände waren erst neu weiß gestrichen worden, weshalb die knallroten Türen besonders intensiv hervorstachen. Klägliche Renovierungsversuche, um den Verfall etwas zu verlangsamen.
Das Stöhnen und Ächzen, das aus den Zimmern links und rechts von ihr drang, war aber nicht auf die Lufttemperatur zurückzuführen. Das Dumas Brothel, in der Stadt Butte, war das älteste Bordell seit 1890 in Amerika. Es erfreute sich reger Beliebtheit und hatte viele turbulente Zeiten durchgemacht. Aktuell war das Prostitutionsgesetz etwas gelockert worden, dennoch blieb das oberste Gebot des Etablissements Diskretion. Diese Tatsache machte sie sich zu Nutzen. Wenn sie ihre Aufgabe erledigt hatte, konnte sie verschwinden und niemand würde nähere Fragen stellen. Nicht, weil es richtig war, was sie tat, sondern weil keiner die Aufmerksamkeit auf das Lusthaus lenken wollte. Polizei wurde hier schnell wieder rausgejagt und bestochen.
Eine Eintrittskontrolle gab es nur draußen an der Haupttür. Meistens saß die ältere Inhaberin mit grauen Dutt auf einem quietschenden Schaukelstuhl und las im schäbigen Licht einer Laterne Zeitung. Worte wurden selten gewechselt und schon gar keine echten Namen genannt. Entweder man kannte sich, oder man zeigte die Eintrittskarte her, die man in diversen Bars und Spelunken erwerben konnte. Eine simple Spielkarte mit einer Herzdame darauf, die statt der Rose eine rote Federboa in der Hand hielt. Sie hatte heute nichts davon gebraucht, denn sie war keine Kundin.
Wenn es Probleme gab, eilten die engagierten Männer zu Hilfe, die sich zu jeder Tages- und Nachtzeit in einem separaten Raum aufhielten. Mit Baseballschlägern bewaffnet und mit reichlich Alkohol bei Laune gehalten. Allesamt illegal angestellt, aber groß, bullig und bereit jeden an seinen Eiern aus dem Bordell zu werfen. Im Haus selbst gab es selten Vorkommnisse, doch auf der Rückseite verkehrte der Straßenstrich. Noch weniger geduldet, absolut strafbar aber immer gut besucht.
Am Ende des Ganges betrat sie die Holztreppe, die in den zweiten und damit obersten Stock führte. Im unteren Bereich wurden die Standardgäste betreut. Laufkundschaft, die ohne große Ankündigung freie Damen wählen durfte. Oben sah das anders aus. Nur geladene Gäste bekamen einen Platz in den geräumigeren Suiten, die sogar über angrenzende Badezimmer verfügten. 1981 hatte das Dumas Brothel bereits viele berühmte Stammgäste, die sehr gerne hier ihren Spaß hatten. Diese schätzten das edle Ambiente und den guten Ruf des Hauses.
Bei jedem Schritt knarzte das abgenutzte Holz sogar unter ihrem geringen Gewicht. Der dünne schwarze Mantel klebte an ihren feuchten Waden, obwohl sie transparente Strümpfe trug. In so einer lauen Nacht hätte ihr Arbeitsgewand vollkommen ausgereicht. Allerdings gäbe es Probleme, wenn sie in schwarzen Strapsen und der dunkelgrünen Korsage auf öffentlicher Straße herumlief. In ihrer rechten Hand baumelte eine braune Lederaktentasche. Sie passte ganz und gar nicht zu ihrem Erscheinen, war aber zwingend dabei.
Den oberen Stock zierte eine offene Galerie, abgegrenzt durch eine Brüstung aus vierkantigen Holverstrebungen. Bei leerem Haus standen hier die käuflichen Damen aufreizend am Gang beim Gitter und präsentierten sich zwinkernd oder kichernd den unten hereinkommenden Gästen. Heute waren aber alle Zimmer belegt. Das spielte ihr in die Karten.
Aufgrund der Größe der Räume gab es hier oben weniger davon. An jeder roten Tür war eine Blume aufgemalt. Zimmernummern wirkten der Besitzerin viel zu plump und einfallslos. Sie hatte von einem Maler zierliche Blüten aufpinseln lassen. Es gab eine opulente rote Rose, eine edle weiße Lilie, eine exotische Mohnblume oder eine schlichte gelbe Tulpe. An all diesen ging sie vorbei und stoppte vorm letzten Zimmer. Ein breites Grinsen legte sich auf ihre vollen Lippen, als sie auf den gelben Löwenzahn sah. Das Schicksal meinte es gut mit ihr, dass ausgerechnet diese unscheinbare Pflanze auf der Tür ihres Kunden prangte. Sie wollte ihr Tun damit nicht schönreden, aber ein kleiner Teil in ihr glaubte an die Vorherbestimmtheit. Wenn das nicht der Grund für diesen Zufall war, dann genügte es ihr, die Sache als Glücksbringer anzuerkennen.
Alle zwei Wochen, pünktlich wie ein Uhrwerk, tauchte er um 22 Uhr auf und gesellte sich zu Crystal in der Löwenzahnsuite. Die Edelnutte bediente ihn schon seit ein paar Monaten.
Auch drinnen war es kaum kühler. Zwar waren die Fenster mit schweren roten Samtvorhängen vor der einstrahlenden Sonne geschützt, die Hitze blieb dadurch aber erst recht in den Räumen hängen. Sie stellte ihre Tasche neben dem filigranen Sekretär auf den Boden. Eigentlich hätte sie gerne ein bisschen frische Luft eingelassen, aber die Gefahr, dass unerwünschte Geräusche nach außen drangen, war zu groß. Deswegen legte sie ihren Mantel ab und hing ihn über den vergoldeten Holzstuhl vor dem Tisch. Verspielte Schnörkel und Verzierungen waren in beide Möbel eingraviert. Darauf lagen keine üblichen Akten, Stifte oder Bücher. Papiertaschentücher in einer Holzbox, ein Stapel weißer Handtücher und akkurat nebeneinander aufgestellte Parfum Flakons füllten die zwei Regalfächer und die Arbeitsfläche. Die bunten Flüssigkeiten schimmerten faszinierend, obwohl das Licht des Deckenkronleuchters fahl und dumpf war. Sie griff sich eine bauchige Flasche und roch daran. Weil ihr der herbe Duft gefiel, sprühte sie sich zwei Stöße auf ihre zierlichen Handgelenke und verrieb sie.
Ihr Blick schweifte durch das Zimmer. Ihre Hände strichen dabei unbewusst über den weichen Stoff ihrer aufwendigen Korsage. Das Bustier war handgefertigt und mit schwarzer Spitze verziert. Als ihr bewusst wurde was sie tat, trat sie zu dem großen freistehenden Spiegel gegenüber den Fenstern. In der ovalen Fassung und einem golden lackierten Rahmen zeigte er ihr, was sie sehen wollte. Ihr schlankes Abbild, das anrüchig und verführerisch aussah. Die langen Beine kamen in der Strapse mit den feinen Bändchen an ihren Oberschenkeln hervorragend zur Geltung. Auch die Pumps trugen dazu bei. Die engen Pants, die aus demselben dunkelgrünen Stoff waren wie das Oberteil, schmiegten sich an ihren Hintern. Das Dekolletee stach wunderbar durch den Push-Effekt hervor. Mit diesem Outfit, würde er seine Augen nicht von ihr lassen können. Verspielt fuhr sie sich durch ihre blond gefärbten Haare. Kinnlang wellten sie sich um ihr schmales Gesicht. Der Farbton des Stoffes passte perfekt zu ihren grünen, dunklen Augen. Sie lächelte finster und zufrieden. Selbst der dünne Schweißfilm auf ihren nackten Schultern glänzte schmeichelnd.
In freudiger Erwartung verteilte sie ihr Arbeitsmaterial im Zimmer. Die Stelle unter dem Kopfkissen schien ihr zu offensichtlich, bot sich aber an. Das breite Doppelbett stand mit dem Kopf an der Wand und garantierte, dass der erste Blick des Kunden beim Eintreten darauf fiel. Sie musste aufpassen, ihr Spielzeug sorgfältig zu verstecken.
Die Farbkombination aus Gold und Rot, setzte sich im Design fort. Das Metallgestell war ebenso vergoldet, wobei die Farbe an manchen Stellen bereits abblätterte. Der Bettbezug war zwar blütenweiß, aber eine burgunderrote Überdecke mit kunstvoll eingewebten Mustern lag quer darüber. Ihre Finger strichen verspielt über das weiche Material, während ihr Blick musternd weiter umherwanderte.
Zwei tiefe hellbraune Ledersessel vor den beiden Fenstern boten Sitzmöglichkeiten, genauso wie das dazu passende Sofa. Die geschwungene halbrunde Form war so extravagant, wie der dunkle Perserteppich mit goldenen Quasten.
Nachdem sie sicher war, alles gut verstaut zu haben, ließ sie ihren geschulten Blick noch ein letztes Mal durch den Raum gleiten. Jede Eventualität ging sie gedanklich durch. Sie hatte sich wie immer gut vorbereitet, aber bei ihrem Job musste sie flexibel bleiben. Angst oder Nervosität fühlte sie nicht. Lediglich ein Hauch Angespanntheit, die aber ein wohliges Kribbeln in ihrem Bauch verursachte.
Wie sie zu so einer Arbeit kommen konnte, wusste sie ganz genau. Man hatte sie regelrecht auf der Straße im Kindesalter aufgelesen, wo sie sich schon als junges Mädchen mit ihrem Verstand als Waise gut durchs Leben brachte. Ein süßes Lächeln, ein unschuldiger Blick. Lügen kamen ihr leicht über die Lippen, und sich in andere Rollen zu versetzen, reizte sie. Kaum etwas hatte sie zerstören können. Sie war niemals ein zartes Pflänzchen gewesen, aber mit einer hübschen Aufmachung geboren worden. Diese machte sie sich seit jeher zu Nutzen und profitierte davon. Nur an die Gefahr hatte sie sich gewöhnen müssen, aber auch die wusste sie mittlerweile zu schätzen. Sie sehnte sich nach dem Abenteuer und dem Ungewissen. So wie sie jetzt neugierig gegen die verschlossene Tür starrte und wartete.
Um die Zeit zu überbrücken, ging sie zurück zu ihrer Tasche und holte ihren roten Lippenstift heraus. Leicht nach vorne gebeugt stand sie vor dem Spiegel und malte sich die Lippen nach. Penibel genau, so wie sie immer arbeitete. Ihre großen Augen waren dunkel mit schwarzen Strichen hervorgehoben. Übertrieben aufgetragenes Rouge ließ ihre Wangen rot schimmern und die künstlichen langen Wimpern vervollständigten das Puppengesicht. Sie konnte sich hervorragend verstellen.
Sowie sie den Lippenstift wieder weggepackt hatte, war es soweit. Zweimal klopfte es an der Tür. Betont langsam, aber fest. Beim Öffnen knarrte der Holzboden wie erwartet und sie stellte sich in Position. Direkt vors Bett mit kokettem Gesichtsausdruck. Dazu mit herausgestreckter Brust, einem angewinkelten Bein und die Hände in die schmale Taille gestemmt, verharrte sie. Ein schwarzer, glänzender Lederschuh kam zuerst zum Vorschein. Der Besitzer davon trat unendlich langsam ein, als wüsste er, was ihn erwartete. Sie legte den Kopf schief und reckte das Kinn vor, weil das den meisten Männern gefiel.
Der Mann war durchschnittlich groß, aber seine Statur auf den ersten Blick breit. Wie vermutet blieb er irritiert stehen, als er sie entdeckte. Er war noch nicht mal ganz eingetreten, als er zu einer Statue erstarrte und sie musterte. „Wer bist du?“, fragte er sofort. Seine harsche Art lag nicht daran, dass man Nutten nicht grüßte, sondern dass er jemand anderen erwartet hatte. Sie gönnte sich einen Augenblick, in dem sie ihn fokussierte. Seine dunklen Haare waren kurz geschnitten, was gut zu seinem markanten Gesicht passte. An ihm gab es äußerlich rein gar nichts auszusetzen. Er war glatt rasiert, hatte aus der Entfernung auffallend hellblaue Augen und geschwungene, dünne Lippen. Seine breiten Schultern steckten in einem schwarz-weiß längs gestreiftem Seidenhemd. Die Ärmel hatte er hochgeschoben, wodurch die trainierten Arme besonders gut sichtbar waren. Die Jeanshose entsprach dem Trend, weshalb sie unten weit ausgeschnitten fiel. Er sah verblüffend unauffällig aus. Attraktiv, aber harmlos.
Seine Augen verengten sich skeptisch. „Wo ist Crystal?“, fragte er anders formuliert, weil sie ihm nicht geantwortet hatte. Seine Stimme war tief und ein drohender Unterton schwang darin mit. Sie ließ sich von ihm nicht einschüchtern. „Crystal ist krank. Sie hat mich gebeten sich um ihren großzügigsten Kunden zu kümmern. Mein Name ist Dandy“, erklärte sie, gefolgt von einem betont langsamen Augenaufschlag. So leicht beeindruckte sie ihn allerdings nicht. Die Tür stand immer noch halb offen und seine Hand lag auf der äußeren Klinke. Erneut wanderte sein Blick über ihren Körper, den sie ihm gerne darbot. Ein berechnendes Lächeln stahl sich in ihr Gesicht, weil sie an die Zeichnung des Löwenzahns denken musste. Dandy. Die Kurzform von Dandelion. Es erschien ihr nur passend und nochmal freute sie sich über diesen Wink des Schicksals.
„Dann komme ich ein andermal wieder“, brummte der Mann und war bereits dabei sich umzudrehen. Sie hatte vermutet, dass er sich nicht so leicht auf Veränderungen einließ. Er wäre nicht der, der er war, wenn er sich einfach hinters Licht führen ließ. „Crystal wird leider länger ausfallen. Das Haus möchte Sie nur sehr ungern verlieren. Bitte nehmen Sie meine Dienste in Anspruch. Ich verspreche Sie werden nicht enttäuscht sein“, säuselte sie flehend.
Crystal erfreute sich bester Gesundheit. Sie hatte eine große Stange Geld dafür bekommen, dass sie heute ihrer Arbeit fernblieb. Ein paar Scheine mehr, und sie war bereit gewesen ihren Mund zu halten. Sollte jemand fragen, bestätigte sie, dass sie krank war. Auch die Besitzerin des Bordells ließ sich durch eine entsprechende Summe zufriedenstellen. Es war nicht unüblich, dass Prostituierte eine Vorauszahlung als Garantie leisteten, ehe sie sich bewiesen. Zumindest in angesehen Häusern wie dem Dumas Brothel. Dandy wollte allerdings nicht wieder kommen.
Damit ihr Kunde nicht doch die Flucht ergriff, setzte sie sich in Bewegung. Lasziv ging sie Schritt für Schritt auf ihn zu. Die Hüfte schwang dabei ausladend hin und her. Er war vielleicht ein Profi, aber trotzdem ein Mann. Seine Augen schnellten zu ihrem Dekolletee, das sanft auf und ab wippte. Dandy bemühte sich weiterhin lieblich zu lächeln. Sie biss sich mit den Vorderzähnen kurz auf die Unterlippe, nur um dann wieder schüchtern zu grinsen. Er bewegte sich nicht von der Stelle.
Als sie ihn erreichte, legte sie ihre Arme besitzergreifend um seinen Hals. Die hohen Absätze halfen ihr, nicht auf die Zehenspitzen steigen zu müssen. Sie lehnte ihre Brüste fest gegen seinen Oberkörper und sah ihm in die Augen. Sie waren wirklich sehr hübsch anzusehen. Feine Fältchen sammelten sich an den Seiten und ließen seine Züge sanfter erscheinen.
Die Hitze machte auch ihm sichtlich zu schaffen. Aus dieser Nähe sah sie, dass er schwitzte. Seine Stirn glänzte und ein Tropfen rann ihm von der Schläfe nach unten. Trotzdem verströmte er einen betörenden Männerduft, der ihr gefiel. „Ich verspreche dir, wir werden viel Spaß haben“, hauchte sie ihm vertrauter zu. Dabei drückte sie ihren Oberschenkel sanft aber bestimmt gegen seinen Schritt. Er schluckte, rührte sich aber noch nicht. Suchend wanderten seine Augen über ihr geschminktes Gesicht. „Crystal hat mir verraten auf was du stehst. Sie hat mich gut instruiert“, versprach sie.
Die Nutte hatte ihr tatsächlich genau erzählt, auf was ihr treuer Kunde stand. Er gab ihr immer ein derart opulentes Trinkgeld, dass er vermutlich alles von ihr verlangen hätte können. Dafür waren seine Neigungen enttäuschend langweilig. Er liebte junge, unschuldige Mädchen, die ihm im Bett dann verruchte Dinge zuraunten. Ein schüchternes Kichern brachte ihn dabei in Fahrt. Das bekam sie hin, auch wenn sie noch nicht sicher war, wie weit sie gehen musste. Es überraschte sie, wie attraktiv er war. Dadurch vereinfachte sich ihre Arbeit.
Ewig schien er abzuwägen, ob er ihr vertrauen konnte. Man sah ihm den Konflikt im Gesicht an. Als er dann seine Hand von der Klinke nahm und an ihre Hüfte legte, wusste Dandy, dass er die falsche Entscheidung getroffen hatte.
Er machte zwei Schritte in den Raum hinein und stieß die Tür ohne hinzusehen mit seiner Ferse zu. Sowie sie fest ins Schloss knallte, drückte er seine Lippen auf ihre. Kurz erschrocken schnappte sie nach Luft, erwiderte den Kuss dann aber schnell. Er war wild und fordernd, so wie sie es mochte. Ihre Hände schob sie in seine Haare, die sich unglaublich weich anfühlten. Sie drängte sich fest gegen ihn, was ihn dazu veranlasste auch seine Finger über ihren Körper wandern zu lassen. Grob packte er ihren Hintern, bis er danach wieder ihren Rücken hinauf fuhr. Offensichtlich gefiel ihm, was er geboten bekam.
Dandy warf den Kopf zurück, weil er seinen Mund von ihrem löste, um sich dem Hals zu widmen. Er saugte sich daran fest, biss sie sanft und glitt daran hinab. Ein tiefer Laut kam aus seiner Kehle, als er sein Gesicht zwischen ihren Brüsten vergrub. Sie lächelte verschmitzt. Niemals vergaß sie, was sie zu tun hatte. Das bedeutete aber nicht, dass sie ihre Arbeit nicht ebenso genießen durfte. Ihr Körper reagierte auf den attraktiven Mann, der sich nahm, was er wollte. Sie schätzte ab, wie lange sie sich selbst vergnügen konnte, ehe sie zur Tat schritt.
„Leg dich aufs Bett“, brummte er, als er zu ihr aufsah. Sein Blick war dunkler und löste ein Prickeln in ihr aus. Sie biss sich gespielt verlegen auf die Lippen und nickte. Absichtlich wankend tapste sie von ihm fort, während er stehen blieb und sie beobachtete. Auf allen vieren kroch sie auf die breite Matratze, wodurch er eine besonders gute Sicht auf ihre pralle Kehrseite hatte. Ein Blick über ihre Schultern bestätigte ihr, dass er mit ihr als Ersatz mehr als nur einverstanden war.
Noch ehe sie sich hinlegen konnte, war er dicht hinter ihr. Er kniete sich aufs Bett und sank tief ein. Mit einem Griff um ihre Schultern, richtete er sie auf und vergrub seine Zähne in ihrem Nacken, nachdem er ihre Haare zur Seite schob. Nicht schmerzhaft, aber anregend. Sie keuchte vor Schreck auf und grinste schließlich. Die Sache begann ihr wirklich Spaß zu machen.
Seine Hände legten sich um ihre Brüste und drückten sie einmal. Danach fuhr er damit ihren Bauch hinab und tiefer zwischen ihre Schenkel. Alles was sie tun musste, war es sich gefallen zu lassen. So wie er es mochte.
„Leg dich hin“, kam die nächste dominante Aufforderung mit deutlich rauer Stimme. Sie nickte und krabbelte nach vorne. Als sie sich auf den Rücken rollte, knöpfte er sich gerade das Hemd auf. Sowie er es abstreifte und auf den Boden fallen ließ, war er über ihr. Er schob sich zwischen ihre Knie und küsste die empfindliche Haut in ihrem Dekolletee. Sie drückte den Hinterkopf fest in die Kissen und bog ihm ihr Becken entgegen. Ihre Hände krallten sich um seine Schultern und fuhren diese nach. Er war überraschend gut gebaut und trainiert. Die definierten Muskeln spannten sich unter seinen Bewegungen an. Noch einmal strich sie ihm durch die kurzen Haare und stöhnte auffällig laut. Das Ganze war für sie sehr angenehm, aber lange nicht so erregend wie sie tat. Jede Dame in diesem Haus schrie sich die Lunge aus dem Hals, wenn es am Ende mehr Scheine brachte. Außerdem durfte sie sich nicht gehen lassen. Sie musste klar bei Verstand bleiben und auf den richtigen Augenblick warten. Unter dem Kissen und der Matratze lagen die ersten Optionen bereit.
Seine Hände ruhten erneut auf ihrem Bustier, wobei er seine Daumen tief unter den Stoff schob, um sie ganz zu spüren. Dabei rutschte er zwischen ihren Knien weiter nach unten. Sein Kopf hob sich, wodurch sie schon wieder dieser finstere Blick traf. Er zog sie nicht sofort aus, wollte es langsam auskosten. Ein bisschen mehr durfte er ihr zuliebe gerne abgelenkt sein. Mit vernebelten Gedanken fiel es ihr bestimmt leichter.
Sie leckte sich über die vom Küssen geschwollenen Lippen und beobachtete ihn. Er ließ seinen hungrigen Blick über sie streifen und griff dann nach ihrem linken Fuß. Sachte hob er ihn an und strich mit der freien Hand über ihre Wade und die Strümpfe. Seine Finger hinterließen eine heiße Spur durch den dünnen, schwarzen Stoff. Die winzige Schnalle des Strumpfhalters drückte sich kalt an ihr Bein, als er darüber fuhr. Schließlich löste er das Bändchen und entblößte ihr Bein. Behutsam rollte er die Spitze ab, bis zu ihrem Knöchel, wo er ihr den Schuh abstreifte.
Dies wiederholte er auf der anderen Seite genauso langsam und gewissenhaft. Sie lag schwer atmend da und schaute ihm amüsiert zu. Ihre Arme legte sie über ihren Kopf und schob sie vorsichtig unter das Kissen. Es war noch da, griffbereit.
Als sie seine Zunge an der Innenseite ihres Oberschenkels spürte, zuckte sie zusammen. Ihr Körper fand dieses Abenteuer sehr aufregend. Das leise Keuchen, das ihr entwich, war nur zur Hälfte gespielt. Ihre Hände schnellten automatisch zurück zu seinem Kopf und klammerten sich darin fest. Er drückte ihre Beine weit auseinander, um genügend Platz zu haben. Sorgfältig fuhren seine warmen feuchten Lippen über ihre Haut immer höher. Sie schloss kurz die Augen und rügte sich sofort selbst. Sie musste konzentriert bleiben. Das einsetzende Prickeln durfte sie nicht leichtsinnig werden lassen.
Schauspielernd drückte sie ihr Kreuz durch und wand sich unter seinen Berührungen. Als er sich aufrichtete und wieder zu ihr hochkam, war sie fast enttäuscht. Die Hitze, die sich in ihr ausbreitete, ebbte aber nicht ab. Sie ließ ihre Augen über seinen definierten Oberkörper wandern. Feine schwarze Haare kräuselten sich auf seiner Brust, die sie gerne angefasst hätte. Vom Bauchnabel, bis in den engen Hosenbund zog sich ein dichter Pfad. Sie biss sich auf die Lippen, diesmal unbewusst. Seine große Hand mit den überraschend langen Fingern schob sich eng an sie gepresst über ihren Bauch. Er spreizte sie und drückte sie damit fest ins Bett. Zwischen ihren Brüsten wanderte er weiter hinauf. Sie warf den Kopf zurück und sog scharf die Luft ein. Seine Hand legte sich um ihren Hals, um ihr Kinn nach oben zu drücken.
Und dann blieb ihr die Luft weg. Er presste seine Finger so fest zusammen, dass sich augenblicklich ihr ganzer Körper versteifte. Ruckartig senkte sie den Kopf, was nur bedingt möglich war, weil sein Handgelenk im Weg war. So schnell, dass sie nicht reagieren konnte, schnappte er mit seiner freien Hand nach ihren. Seine Griffbreite war groß genug, sodass er ihre auf der Brust zusammendrückte und sie dort fixierte. Sein ganzer Körper legte sich schwer auf sie und sein Knie rammte er schmerzhaft in die Innenseite ihres Oberschenkels. Dadurch konnte sie nicht um sich treten. Ihre Hände und Beine waren nutzlos, während er sie immer brutaler würgte.
„Wer hat dich geschickt“, knurrte er, als er sich dicht über sie beugte. So nahe an ihrem Gesicht, dass sein heißer Atem über sie strich. Sie keuchte und röchelte, gab aber sonst kein Wort von sich. Das Sprechen wäre ihr ohnehin schwergefallen. Einen winzigen Moment lang stieg Panik in ihr auf. Das Brennen in ihrer Kehle sowie der Druck in ihrem Kopf, der mit dem Sauerstoffmangel einherging, waren ihr nicht fremd. Es war nicht das erste Mal, deswegen sammelte sie ihre Konzentration auch schnell wieder. „Ich fragte, wer dich geschickt hat du Schlampe“, wiederholte er. Seine Stimme war nicht laut, aber dunkel und drohend. Seine Augen verengten sich, genauso wie er vorhin das Zimmer betreten hatte. Da war abermals dieser forschende Blick, der Skepsis ausstrahlte. Zu Recht.
Sie spannte ihre Muskeln an, um ihm irgendetwas entgegensetzen zu können. Er drückte sie noch fester nieder, ließ ihr aber so viel Raum in der Luftröhre, dass sie nicht sofort erstickte. In ihrem Kopf rasten die Gedanken durcheinander. Unzählige Fluchtmöglichkeiten tauchten auf und sie ging sie alle durch. Kaum eine davon versprach genügend Erfolgschancen, als dass sie es versucht hätte. Es hätte sie nur Kraft gekostet. Sein Handeln überraschte sie dennoch.
„Weißt du eigentlich, wen du vor dir hast?“, fuhr er fort und lächelte schief und herablassend. „Wenn du das wüsstest, wärst du wohl nicht so leichtsinnig gewesen“, brummte er ihr entgegen. Stolz blitzte in seinen Augen auf. Er war schlau genug keinen Lärm zu machen und damit die Männer in Alarmbereitschaft zu versetzen, die unten warteten. Sie nickte zaghaft, was ihn breiter grinsen ließ.
Natürlich wusste sie, wer ihr Zielobjekt war. Name, Nummer, Status, Aufenthaltsort, Aussehen und Gefahreneinstufung inklusive. Letzteres war offensichtlich deutlich unterschätzt worden.
Er war ein Agent des britischen SIS. Genauso wie sie. Allerdings gehörte er dem geheimen Nachrichtendienst des MI6 an. Er war einer der angesehensten und fähigsten Experten gewesen. Dokumente, Botschaften und Telefonate ver- und entschlüsseln, Überwachung und Spionage sowie Betreuung von Informanten zählten zu seinen Talenten. Dass er die Techniken der Grundausbildung, die jeder absolvierte, derart gut beherrschte überraschte sie. Nahkampferfahrung hatte nicht in der Akte gestanden, die in ihrer Ledertasche steckte. Samt allen anderen Informationen, die man ihr hatte zukommen lassen. Ein Fehler, aber keiner der sie zwangsläufig scheitern ließ. Sie hatte mit seinem Misstrauen und einer übertriebenen Vorsicht gerechnet. Ihn zu finden, nah an ihn ranzukommen war das Hauptproblem gewesen, aber nicht ihn zu überwältigen.
„Sind es die eigenen Reihen oder schickt dich das Ausland?“, fragte er interessierter. Seine Fingernägel drückten sich stechend in ihre Haut. Immer enger zog sich ihre Kehle. Mit jedem Atemzug, den sie schwer einsog, machte sie ein lauteres Pfeifgeräusch. Ihre Lunge brannte wie Feuer und hinter ihrer Stirn pochte es schmerzhaft. Sein Gesicht begann bereits leicht zu verschwimmen, während schwarze Punkte vor ihren Augen tanzten. Offensichtlich wollte er wissen, wer es auf ihn abgesehen hatte. In Anbetracht seines ehemaligen Jobs, konnte es die ganze Welt sein. Allerdings war es der eigene Ex-Arbeitgeber, der Auftragskiller wie sie, auf Maulwürfe wie ihn ansetzte. Er hatte sein Land verraten und war geflüchtet. Seit einem Jahr verkroch er sich in Amerika, im entfernten Nordwesten. Bevor man ihn festsetzen konnte, hatte er immer rechtzeitig seinen Standort gewechselt. Nicht, ohne Vorkehrungen zu treffen, die seine Verfolger meistens mit unangenehmen Überraschungen, wie versteckte Fallen aufhielten. Er war ein Meister in der Tarnung und des Hinterhalts. Nun hatte sie ihn gefunden, auf neutralen Boden gelockt und würde ihn gleich umbringen.
„Du bist dümmer, als ich immer gedacht habe. Glaubst du, dass jemand wie ich, der so gut wie jede Akte der offiziellen und inoffiziellen Fälle in den Händen hielt, dich nicht kennt? Dein Ruf eilt dir voraus. Pusteblume nennen sie dich. Bisher habe ich mich oft gefragt, ob du dir so einen lächerlichen Codenamen ausgedacht hast, weil du den Leuten gerne die Birne wegpustest, aber jetzt...“, begann er breit grinsend und weitete seine Augen. Er unterbrach seine Ansprache, weil er seinen Blick nochmal deutlich in ihrem Dekolletee versenkte. „Aber jetzt denke ich nennst du dich so, weil du gut im Blasen bist“, beendete er seinen höhnischen Satz und lachte leise. Sein Brustkorb vibrierte, weil er sich selbst so komisch fand. Dass seine Miene weiterhin aggressiv und wütend blieb, verriet, wie sehr er sich über sie lustig machte. „Ich habe dein albernes Tattoo gefunden. Du solltest dich nicht selbst markieren“, fügte er schließlich hinzu.
Sie schaffte es mit zittrigen Lippen zu lächeln. Es war ihr Fehler gewesen. Sie hatte die winzige, schwarze Pusteblume vergessen, die sie sich an die Innenseite ihres linken Oberschenkels hatte stechen lassen. Nicht mal drei Zentimeter groß und so weit oben, dass normalerweise niemand Einblick an diese Stelle bekam. Außer natürlich sie war so dumm und vergaß, dass sie eine Nutte spielte und sich auch noch von ihm ausziehen ließ. Das tat aber nichts zur Sache. Ein Missgeschick, das ihr bestimmt nicht nochmal passieren sollte. Den Codenamen hatte sie sich selbst gegeben, denn er beschrieb ihre Natur.
Sie war wie der robuste Löwenzahn, der fast überall überleben konnte. Mit tiefen Wurzeln und unverwüstlichen Blättern. Leuchtend hell und vollkommen unterschätzt. Leute trampelten schon seit ihrer Kindheit auf ihr rum, doch sie konnte niemand vernichten. Wenn sie fertig mit ihrem Job war, verschwand sie von der Bildfläche. So wie der Wind die Samenkapseln der Pusteblume weit und lautlos davon trug, blieb kaum etwas von ihr zurück. Wo sie landete und neue Wurzeln schlug, wusste sie nie vorher. Sie war dort, wo man sie brauchte.
Einen Blowjob sollte der Agent über ihr allerdings heute nicht mehr bekommen. Nie wieder. Während sie ihm geduldig zugehört hatte, hatte sie genau abgeschätzt, wie sich sein Körper auf ihr anfühlte. Wo sein Schwerpunkt lag und wie sie ihn am besten treffen konnte. Sie wäre nicht die, die sie nun mal war, wenn ihr so ein kleiner Vorfall direkt das Licht auspustete.
Mit einem überraschenden Ruck zog sie durch eine winzige Drehung ihres Handgelenks ihre Rechte hervor. Durch den Schwung knallte sie ihm die Faust unters Kinn. Er schrie schmerzverzerrt auf und warf seinen Kopf in den Nacken. Dadurch lockerte sich der Griff um ihren Hals und sein Gewicht verlagerte sich. Mit der freien Hand schlug sie ihm die Kante ihrer Hand gegen den Kehlkopf und rollte ihn schließlich zur Seite.
Luft strömte in ihre keuchende Lunge, aber das ignorierte sie. Schnaufend und schwitzend griff sie unter das Kopfkissen. Ein ironisches Grinsen entkam ihr, als ihre Finger das kühle Stahlseil ertasteten.
Blitzschnell und wendig sprang sie auf die Beine, legte dem Mann die Schlinge um den Hals und zog sie eng zu. Dabei stand sie hinter ihm und sein Rücken presste sich an ihre bebende Brust. Er kniete röchelnd auf der Bettkante, während sie ihn hochzerrte. Die Enden des Stahlseils zog sie immer fester zusammen. Nun lächelte sie zufrieden und breit. „Fühlt sich scheiße an, nicht wahr?“, flüsterte sie ihm ins Ohr. Ihre Stimme klang brüchig und kratzig. Das minderte ihren Endorphinausstoß überhaupt nicht. Ihr Herz raste und ihr Atem rasselte. Trotzdem genoss sie das Gefühl der Macht über Leben und Tod. Ihre Armmuskeln spannten sich an und sie drückte ihm das Kreuz durch. Er fuchtelte hilflos mit seinen Händen herum, tastete mit den schwitzigen Fingerkuppen nach dem Draht, der sich um seinen Hals legte. Tief bohrte sich der Stahl in seine Haut. Sie musste nicht hinsehen, um zu wissen, was sich in seinem Gesicht abspielte. Hervortretende Adern. Blau anlaufende Lippen und weit herausstechende Augen voller Schrecken. Er röchelte, keuchte und wimmerte. Attraktiv wirkte nichts mehr davon. Sein breiter Oberkörper drückte sich gegen sie und sie zog die Schlinge noch enger. Sie musste nur warten. Bis seine Arme aufhörten um sich zu schlagen. Bis sein Schnaufen und Röcheln verebbte. Danach noch ein paar Sekunden länger, bis das Herz aufhörte zu pumpen. Dann war ihr Auftrag erledigt.
Ein Knie stütze sie auf der Matratze ab, was ihr sofort zum Verhängnis wurde. Unter ihrem Gewicht sank sie ein und verlor etwas an Standhaftigkeit.
Mit verzweifeltem Schwung ließ sich der Mann nach hinten fallen. Sein schwerer, massiger Körper warf sich gegen sie. Sie geriet ins Wanken und taumelte zurück, um nicht zu stürzen. Das nutzte er aus, um ihr seinen Ellenbogen in die Rippen zu jagen.
Vorher hatte sie zu eng an ihm gestanden, denn sie wusste wie man vermied geschlagen zu werden. Nun hatte er aber genügend Bewegungsfreiheit und stieß sie von sich. Sie schnappte nach Luft und unterdrückte den Schmerzenslaut. Das Stechen zog sich über ihre ganze Seite, aber sie merkte sofort, dass sie nicht ernsthaft verletzt war. Der Mann sank keuchend zu Boden und warf die Stahlschlinge in eine Ecke. Sein Kopf war rot angelaufen, die Lippen wie erwartet bläulich. Er rang heftig nach Luft und betastete seinen wunden Hals. Eine tiefe rote Linie zeichnete sich darauf ab. Es hätte nicht mehr lange gedauert und sie ärgerte sich über seine Hartnäckigkeit.
Zur Matratze hechten konnte sie nicht, denn er kauerte direkt vor dem Versteck, in dem sie ein breites Messer lagerte. Also hetzte sie zum Sekretär. Erneut überraschte er sie, in dem er sich mit letzter Kraft nach vorne warf und sich ihren nackten Knöchel griff. Der unerwartete Widerstand riss sie zu Boden. Sie knallte mit dem Knie hart auf und fluchte. Ihre hasserfüllten Blicke sah er nicht, weil er immer noch damit kämpfte zu Atem zu kommen. Sie drehte sich geschickt auf den Rücken und trat ihm mit voller Wucht gegen die Nase. Er brüllte auf, als es laut knackte. Mit diesem Manöver hatte sie ihm definitiv das Nasenbein gebrochen. Hellrotes Blut quoll hervor und strömte über seine Lippen. Gurgelnde Geräusche kamen aus seinem Mund, weil er die warme Flüssigkeit sofort inhalierte.
Jetzt hatte sie aber wirklich genug gespielt. Ein paar blaue Flecken und Prellungen waren ausreichend für einen Auftrag. Bevor auch noch ihr eigenes Blut floss, sprang sie auf die Beine und lief zum Tisch. Sie hatte einen Revolver in der Schublade platziert, den sie nun hervorzog. Silber glänzte das Metall, das schwer in ihrer Hand lag. Sie hasste Schusswaffen. Sie machten Lärm und waren kompliziert zu verstecken. Ein gut verdecktes Messer oder ihr geliebtes Würgeseil waren komfortabler.
Sie drehte sich um und hob die Waffe in Augenhöhe an. In diesem Moment hatte sich der Mann sogar wieder aufgerichtet. Mit blutüberströmten Gesicht torkelte er auf sie zu. Seine Züge waren zu einer furchteinflößenden Fratze verzogen. Blut rann seinen schönen Oberkörper hinab und seine Arme streckte er ihr entgegen. Sie bewunderte seinen Kampfgeist, doch das half ihm nicht. Sie feuerte die Waffe exakt einmal ab und traf direkt in sein Herz. Der Knall war laut und verräterisch. Genau deswegen war das nur ihr Notfallplan gewesen. Nicht lange würde es dauern, bis jemand nachsah, was passiert war.
Daher wartete sie seinen letzten Atemzug gar nicht ab. Er kippte zuckend vornüber und blieb liegen. Die Kugel war auf seinem Rücken nicht ausgetreten. Der teure Teppich sog sich mit seinem Blut voll, während sie sich hektisch beeilte ihre Sachen zusammen zu packen. Sie plünderte ihre Verstecke und sammelte ihre wertvollen Waffen wieder ein. Die Strümpfe stopfte sie in die Tasche und die Schuhe zog sie an. Ein kurzer Blick in den Spiegel, bei dem sie sich die Blutspritzer von Nase und Kinn wischte. Die Abdrücke an ihrem Hals, ließen sie verärgert das Gesicht verziehen. Mehr musste sie auf später verschieben. Sie warf sich in den den Mantel und band ihn vorne fest zu.
Für eine letzte Notwendigkeit hatte sie aber immer Zeit. Der Ex-Agent, der gerade starb, hatte mit einer Sache recht gehabt. Wenn es um die Pusteblume und den Löwenzahn ging, war sie kindisch und nostalgisch. Ihr Markenzeichen war ihr wichtig. Sie stellte ihre Ledertasche aufs zerwühlte Bett und holte das Stück Zeitungspapier heraus. Darin eingewickelt lag ein einzelner, gelber Löwenzahn. Sie grinste schelmisch. Das konnte ihr keiner nehmen.
Mit hochgezogenen Augenbrauen ließ sie Blume verspielt vor der Leiche auf den Boden fallen. Das perfekte Zimmer für den perfekten Auftragsmord.
Ohne zurückzublicken, öffnete sie die Tür und schloss sie ruckartig hinter sich. Leise zu sein machte keinen Sinn mehr. Aus zwei anderen Räumen streckten bereits je eine Frau und ein Mann, nur in Unterwäsche bekleidet, die Köpfe heraus.
Sie ignorierte ihre fragenden Blicke und rannte zurück zur Treppe. Als drei der bulligen Aufpasser unten die ersten Stufen mit wütenden Mienen überwanden, sprang sie kurzerhand bei der Hälfte über das Geländer. Der Mantel flatterte hinter ihr her, als sie sich geübt über die Schulter abrollte. Es tat weh, aber sie verletzte sich nicht. Die Männer konnten mit ihren schwingenden Schlägern so schnell nicht wenden, wie sie bereits wieder auf den Beinen war. Mit großen Schritten riss sie jene Tür auf, die unter der Stiege im Halbdunkeln versteckt lag. Man musste wissen, dass sie existierte. Sie öffnete sie und knallte sie hinter sich zu. Das Schloss zu manipulieren ersparte sie sich. Stattdessen eilte sie zielstrebig nach unten. Eine weitere marode Holztreppe führte abwärts in die Dunkelheit. Erfrischend kühle Finsternis umhüllte sie, während sie keuchend ihre Flucht erfolgreich fortsetzte. Ihre Hände tasteten sich an der Wand entlang, die immer feuchter wurde.
Kaum jemand wusste, dass das Bordell mit einem Tunnel verbunden war, der in mehrere Bars in der Nähe führte. In den Zeiten in denen auf Prostitution harte Strafen gestanden hatten, hatte das Dumas Brothel für seine berühmten Gäste Vorkehrungen treffen lassen. Dieser Tunnel war einer der Gründe gewesen, wieso sie sich genau diesen Ort für ihren Auftrag ausgesucht hatte.
Nun rannte sie zufrieden lächelnd durch die Dunkelheit. Ihr Ruf blieb ihr weiterhin erhalten. Sie war jene, die man engagierte, wenn es keine offiziellen Auftraggeber gab. Niemand kannte ihren richtigen Namen, aber ihre Signatur.